Parallelbetrieb regelbarer Ortsnetztransformatoren
Definition des Parallelbetriebs
Von einem Parallelbetrieb bei Transformatoren spricht man, wenn zwei oder mehrere Transformatoren an der Oberspannungs- und Unterspannungsseite galvanisch miteinander verbunden sind. In einem Elektrizitätsversorgungsnetz kann der Parallelbetrieb, je nach Ausführung dieser Verbindung, in zwei Kategorien unterteilt werden. Dem Sammelschienen-Parallelbetrieb und dem Netz-Parallelbetrieb.
Beim Sammelschienen-Parallelbetrieb befinden sich die Transformatoren in einer gemeinsamen Station und sind oberspannungs- und unterspannungsseitig über Sammelschienen verbunden (vgl. Abbildung 1 a)). Diese Betriebsweise erfolgt häufig im Zuge von Erweiterungsmaßnahmen zur Erhöhung der Durchgangsleistung oder Kurzschlussleistung. Aber auch eine damit verbundene Betriebsmittelredundanz und eine mögliche Reservehaltung zur Erhöhung der Versorgungssicherheit sind Gründe für einen Sammelschienen-Parallelbetrieb.
Beim Netz-Parallelbetrieb befinden sich die Transformatoren in unterschiedlichen Stationen örtlich voneinander getrennt, sind aber oberspannungs- und unterspannungsseitig über Netzleitungen (Freileitungen oder Kabel) miteinander verbunden (vgl. Abbildung 1 b)). Diese Art des Parallelbetriebs findet man in vermaschten Netzstrukturen wieder.
Richtlinien für den Parallelbetrieb
Die Norm DIN EN 60076 gibt die grundsätzlichen Anwendungsregeln für einen Parallelbetrieb von Leistungstransformatoren vor. Darin werden für parallel verschaltete Transformatoren
- gleiche Übersetzungsverhältnisse,
- gleiche Spannungen auf der Oberspannungs- und Unterspannungsseite,
- gleiche Schaltgruppenkennzahlen (Ausnahme: Kennzahlen unterscheiden sich um 6),
- gleiche relative Kurzschlussspannungen (Abweichung Δu_k < 10%),
- ein maximales Verhältnis der Bemessungsleistungen von 1:3
gefordert. In der Norm wird weder zwischen den Betriebsweisen des Sammelschienen- und Netz-Parallelbetriebs, noch zwischen Transformatoren mit festem Übersetzungsverhältnis und Regeltransformatoren mit variablen Übersetzungsverhältnis unterschieden. Die genannten Vorgaben sind demnach bei beiden Betriebsweisen auf sämtliche Transformatortypen eines Elektrizitätsversorgungsnetzes anzuwenden, wohlwissend der Tatsache, dass im Netzparallelbetrieb bei „ausreichend“ weitentfernten Einsatzorten eine genügend hohe Impedanz zwischen beiden Transformatoren entsteht und damit beispielsweise auf einen Gleichlauf von Regeltransformatoren (zum Zwecke eines gleichen Übersetzungsverhältnisses) verzichtet und damit auf eine lokale Spannungsregelung geachtet werden kann.
Konventionelle Parallelregelverfahren
Bei Regeltransformatoren sind das Übersetzungsverhältnis, der Betrag und Winkel der Spannungen auf der Oberspannungs- und Unterspannungsseite und die Transformatorimpedanzen von der jeweiligen Stellung des Laststufenschalters abhängig. Mit den Vorgaben der Norm DIN EN 600 ergibt sich hieraus die Forderung für einen Gleichlauf der Laststufenschalter im Parallelbetrieb.
Weichen die Schalterstellungen voneinander ab, fließen aufgrund der damit unterschiedlichen Übersetzungsverhältnisse, Kreisströme zwischen den parallelen Transformatoren. Zusätzlich verteilen sich die Lastströme aufgrund der abweichenden Transformatorimpedanzen ungleichmäßig auf die Transformatoren. Dadurch wird die maximale Belastbarkeit herabgesetzt und eine mögliche Überlastung kann die Folge sein.
Für den Parallelbetrieb von Regeltransformatoren in den Übertragungsnetzen und Umspannwerken sind bereits eine Vielzahl von Regelalgorithmen und technischen Lösungen für die Parallelregelung entwickelt worden, um die genannten negativen Aspekte unterschiedlicher Laststufenschalterstellungen zu vermeiden. Folgende Verfahren haben sich bis heute etabliert:
- Master-Follower Verfahren: informationstechnische Vernetzung der Regeleinheiten mit möglichem Schalterstellungs-Offset (nur Spannungsmessung)
- Master-Slave Verfahren: informationstechnische Vernetzung der Regeleinheiten ohne möglichem Schalterstellungs-Offset (nur Spannungsmessung)
- Kreisblindstromminimierung cosφ/sinφ: Spannungs- und Strommessung mit informationstechnischer Vernetzung der Regeleinheiten
- Kreisblindstromminimierung cosφ: Spannungs- und Strommessung ohne informationstechnischer Vernetzung der Regeleinheiten
Probleme beim Parallelbetrieb im Verteilungsnetz
Für den Einsatz von Regeltransformatoren im Verteilungsnetz (RONT), gelten jedoch andere Randbedingungen, wodurch die etablierten Verfahren zur Parallelregelung teilweise nicht anwendbar oder unverhältnismäßig in den Anschaffungskosten sind.
Die Parallelregelverfahren mit informationstechnischer Vernetzung sind im Sammelschienen-Parallelbetrieb relativ kostengünstig umzusetzen, jedoch erhöht sich der Aufwand für die Installation einer Kommunikationsverbindung mit steigendem Abstand der Transformatoren im Netz-Parallelbetrieb.
Bei den Verfahren mit Kreisblindstromminimierung ist eine zusätzliche Strommessung und je nach Ausführung auch eine Kommunikationsverbindung notwendig. Hier wird auf eine Erkennung der induktiven Kreisströme gesetzt. Durch Angleichen der Schalterstellungen wird der Kreisstrom minimiert. Nahezu induktive Kreisströme und konstante Leistungsfaktoren des Laststroms sind dabei Voraussetzung. Im Verteilungsnetz gelten jedoch andere Verschiebungswinkel, wodurch die Kreisströme keine reinen Blindströme darstellen. Zusätzlich weisen die Lastströme in den Verteilungsnetzen stark fluktuierende Leistungsfaktoren auf. Durch diese Faktoren können Probleme bei der Erkennung von Kreisströmen bei der Kreisblindstromminimierung entstehen.
Die etablierten Verfahren zur Parallelregelung von Regeltransformatoren sind demnach im Verteilungsnetz nicht ohne Weiteres einsetzbar oder zu teuer. Um in Zukunft Regeltransformatoren auch im Verteilungsnetz einfach und kostengünstig parallel betreiben zu können, muss der Parallelbetrieb auch für das Verteilungsnetz diskutiert und Alternativen zu den konventionellen Parallelregelverfahren gefunden werden.
Zielsetzung
Im Folgenden wird der Sammelschienen- und Parallelbetrieb von RONT in den gängigen Leistungsklassen 250, 400 und 630 kVA untersucht. Ziel ist es, festzustellen, ob der Parallelbetrieb im Verteilungsnetz auch ohne ein explizites Parallelregelverfahren unter Einhaltung bestimmter Randbedingungen möglich ist. Vorgaben für einen solchen Parallelbetrieb sollen die Einhaltung der vorgegebenen Spannungsregelung, die Stabilität des Regelbetriebs und die Einhaltung der vorgegebenen Belastungsgrenzen sein.
Theorie des Parallelbetriebs
Im folgenden Kapitel wird einführend ein Ersatzschaltbild für den Parallelbetrieb von Regeltransformatoren im Verteilungsnetz beschrieben. Dieses Ersatzschaltbild bildet die Grundlage für die Berechnung der Strom- und Spannungsverhältnisse an den Transformatoren. Anschließend werden anhand des Ersatzschaltbildes die Einflussfaktoren auf die Spannungsregelung der RONT bestimmt.
Ersatzschaltbild
Das in Abbildung 2 dargestellte Ersatzschaltbild bildet vereinfacht das elektrische Verhalten von parallel betriebenen Regeltransformatoren nach. Unter der Annahme einer symmetrischen Belastung kann das einphasige Ersatzschaltbild verwendet werden. Alle elektrischen Größen werden hier auf die Nennspannung der Unterspannungsseite der Transformatoren bezogen. Die Transformatoren werden vereinfacht durch ihre Kurzschlussimpedanzen und die variablen Ausgangsspannungen durch die Spannungsquellen n_n * ΔU_St dargestellt. Wobei n_n die jeweilige Schalterstellung (hier: −4 ≤ n ≥ 4) der Laststufenschalter ist. Die Impedanzen der Sammelschienen oder Leitungen zwischen den Transformatoren werden durch die Impedanzen Z'_LtgMS und Z'_LtgSS nachgebildet. Die Ströme I_L1 und I_L2 sind die Lastströme der nachgelagerten Niederspannungsnetze und U_2Tr1 und U_2Tr2 die Ausgangsspannungen der Transformatoren. Der Strom I'_MS repräsentiert den Strom des nachgelagerten Mittelspannungsnetzes. Die Spannungen U_1 und U_1Tr2 stellen die oberspannungsseitigen Eingangsspannungen der Transformatoren dar.
Dieses Ersatzschaltbild beschreibt den allgemeinen Fall des Netz-Parallelbetriebs. Das Ersatzschaltbild des Sammelschienen-Parallelbetriebs kann von diesem ESB abgeleitet werden, indem ein Abgang auf der Niederspannungsseite und ein Abgang auf der Mittelspannungsseite zu Null gesetzt werden und für die Leitungsimpedanzen die Werte der Sammelschienenimpedanzen eingesetzt werden.
Analyse des Regelverhaltens
Zur Bestimmung der Regelstabilität und der Belastungen von RONT im Parallelbetrieb ohne zusätzliches Parallelregelverfahren, werden alle Einfluss- und Störfaktoren auf die Regelgröße (Sammelschienenspannung) untersucht. Die Einflussgrößen
- Messabweichung der Spannungsmessung ΔU_Mess,
- Kreisströme I_Kt,
- Netzspannung des Mittelspannungsnetzes U_1,
- Schalterstellungsabhängige Transformatorimpedanzen Z_kTr1 und Z_kTr2,
- Lastströme I_L1 und I_L2,
- Sammelschienen- und Zuleitungsimpedanzen Z'_V1OS, Z_V1US, Z'_V2OS und Z_V2US.
können aus den Spannungsgleichungen (2.7) und (2.8) des vorhergehenden Abschnitts abgeleitet werden. Die folgenden Analysen des Messfehlers, des Kreisstroms und der Netzspannung werden am Beispiel des Sammelschienen-Parallelbetriebs durchgeführt, sind aber auf den Netz-Parallelbetrieb übertragbar.
Einfluss des Messfehlers der Spannungsregler
Für die Regelung der parallelen RONT wird die Spannung an der sekundärseitigen Sammelschiene für jeden Regler mittels Spannungswandler separat erfasst. Die Spannungswandler sind mit einer maximalen Messabweichung von typischerweise 0,3 % bezogen auf den Messbereichsendwert, bzw. 0,42 % umgerechnet auf die Nennspannung, behaftet. Wegen dieser Messungenauigkeit ist eine exakt synchrone Regelung der Laststufenschalter nicht möglich.
In Abbildung 3 sind beispielhaft die gemessenen Sammelschienenspannungen von zwei parallel betriebenen RONT dargestellt. Dabei wird bei jeder Messung die maximale systematische Messabweichung mit gegensätzlichem Vorzeichen angenommen, was einer Spannungsdifferenz von 0,84 % der Nennspannung entspricht. In Abbildung 3 ist die Messabweichung durch den Versatz der beiden Spannungsverläufe um 2 * ΔU_Mess zu erkennen.
Sinkt (oder analog: steigt) die Sammelschienenspannung bis an die Grenze der Regelbandbreite (Punkt 1 in Abbildung 3), so wird aufgrund des Messfehlers zunächst an einem Regler ein Unterschreiten der Grenze detektiert, während die gemessene Spannung beim anderen Regler noch im zulässigen Regelband liegt. Wird die Grenze der Regelbandbreite dann am RONT 1 für die Dauer der Verzögerungszeit t_tot unterschritten (Punkt 2 in Abbildung 3), wird ein Stellvorgang des Laststufenschalters eingeleitet, um die Spannung wieder in das Regelband zurück zu bringen. Der Laststufenschalter des parallelen RONT 2 bleibt hingegen in seiner Ausgangsstellung. Nach diesem Vorgang besitzen die RONT aufgrund des Messfehlereinflusses unterschiedliche Schalterstellungen.
Einfluss des Kreisstromes
Kommt es aufgrund von Messungenauigkeiten der parallelen Spannungsregler zu unterschiedlichen Laststufenschalterstellungen an den RONT, besitzen die Transformatoren dadurch unterschiedliche Übersetzungsverhältnisse. Dies führt im Parallelbetrieb zu Kreisströmen zwischen den Transformatoren.
Der Kreisstrom gleicht die unterschiedlichen Ausgangsspannungen der parallel betriebenen Transformatoren mit unterschiedlichen Übersetzungsverhältnissen wieder an und zieht den gemeinsamen Verbindungspunkt auf ein gleiches Potential. Dazu erhöht der Kreisstrom durch einen Spannungsfall über der Transformatorimpedanz die Ausgangsspannung des Transformators mit größerem Übersetzungsverhältnis und senkt die Ausgangsspannung des Transformators mit kleinerem Übersetzungsverhältnis (siehe Abbildung 3, RONT 1: Punkt 3 –> 4 und RONT 2: Punkt 2 –> 4).
Bei Annahme gleicher Transformatorimpedanzen ändert sich somit die Sammelschienenspannung beim Schaltvorgang eines Transformators des Parallelverbandes nur um die Hälfte der Stufenspannung. (Die Höhe der resultierenden Spannungsänderung beim Schaltvorgang eines Transformators ist jedoch in Realität von der veränderlichen Transformatorimpedanz, der Verbindungsimpedanz zwischen den parallelen Transformatoren und von der Richtung des Stellvorgangs abhängig. Sie kann im Netzparallelbetrieb bei großen Verbindungsimpedanzen zwischen den Transformatoren stark von dem genannten Wert abweichen).
Die Sammelschienenspannung wird beim Schaltvorgang nur eines Transformators des Parallelverbandes zwar nicht um die volle Stufenspannung ausgeregelt, jedoch kann sie stabil im Regelband gehalten werden. Der Kreisstrom führt demnach nicht zu einem instabilen Regelverhalten, hat jedoch eine hohe Zusatzbelastung der Transformatoren zur Folge. In Abbildung 4 sind die Belastungen durch Kreisströme für RONT von 250, 400 und 630 kVA mit Annahme von je 5 m Zuleitungen und Sammelschienen auf der MS- und NS-Seite, bei unterschiedlichen Stufenschalterdifferenzen, dargestellt. Pro Stufendifferenz betragen die Zusatzbelastungen ungefähr ein Drittel des Transformatornennstroms!
Die Kreisströme verringern (bei einem Transformator) die nutzbare Übertragungskapazität für die eigentliche Last und können gar zu einer Überlastung führen.
Einfluss der Netzspannung
Vorangegangen wurde der prinzipielle Einfluss einer Messabweichung der Spannungsregler bei Absinken bzw. analog bei Ansteigen der Sammelschienenspannung beschrieben. Sinkt nun, in Kombination mit der systematischen Messabweichung, die Mittelspannung und damit auch die NS-Sammelschienenspannung stetig ab, so übernimmt immer derjenige RONT die Regelaufgabe zuerst, welcher die Spannung zu niedrig misst. Beim Ansteigen der Spannung übernimmt immer derjenige RONT die Regelaufgabe zuerst, welcher die Spannung gegenüber seinem parallelen Pendant zu hoch misst.
Dieser Vorgang sei in Abbildung 5 veranschaulicht. In Abbildung 5 (links) ist die oberspannungsseitige Sammelschienenspannung in blau und die geregelten mit der Messungenauigkeit behafteten unterspannungsseitigen Sammelschienenspannungen in grün und rot dargestellt. Der rote Spannungsverlauf zeigt die Spannung welche vom RONT 1 zu hoch und der grüne Spannungsverlauf, welche vom parallelen RONT 2 zu niedrig gemessen wird. In Abbildung 5 (rechts) sind die dazugehörigen Stufenschalterstellungen der RONT dargestellt.
Erst wenn der RONT, der die Regelaufgabe zuerst übernommen hat, im Anschlag seiner maximal möglichen Stufen angelangt ist, übernimmt der parallele RONT die Regelaufgabe (Zeitpunkt 1.2 in Abbildung 5 (links))). In diesem Punkt sinkt die Sammelschienenspannung um die auftretende Messabweichung unter die Grenze der Regelbandbreite (oder steigt analog dazu, um die auftretende Messabweichung über die Grenze der Regelbandbreite). Die Sammelschienenspannung wird ab diesem Punkt weiter geregelt, doch mit eingeschränkter Regelfunktion, da eine unzulässige Überschreitung der Regelbandbreite vorliegt.
Die parallelen Laststufenschalter können bei diesem Vorgang aufgrund des Messfehlers und einer Schwankung der Mittelspannung in ihren Schalterstellungen auseinander driften, nähern sich aber beim umgekehrten Vorgang wieder an. Die RONT fahren sich demnach auch nicht in einem Systemzustand fest. Die auftretenden Stufenschalterdifferenzen führen jedoch zu hohen Belastungen bis hin zur Überlastung der Transformatoren durch Kreisströme (vgl. Abbildung 4).
Einfluss der Niederspannungsleitung
Je größer die Impedanz der niederspannungsseitigen Leitung oder Sammelschiene zwischen den parallelen Transformatoren, desto kleiner ist der Kreisstrom bei unterschiedlichen Übersetzungsverhältnissen (vgl. Gleichung 2.2). Abbildung 6 zeigt diese Abhängigkeit des Kreisstroms von der Verbindungsimpedanz bei minimaler und maximaler Stufendifferenz.
Mit steigender Impedanz oder analog steigender Entfernung der parallelen Transformatoren zueinander sinkt der Kreisstrom und folglich auch der Einfluss des Kreisstroms auf die Ausgangsspannungen der RONT.
In Abbildung 7 sind beispielhaft die gemessenen Spannungsverläufe an den NS-Sammelschienen beim Schaltvorgang nur eines RONT des Parallelverbandes mit einer hohen Impedanz zwischen den Transformatoren dargestellt. Die Leitungsimpedanz verringert die Höhe des Kreisstroms und begrenzt somit den Einfluss desselben auf die jeweiligen Sammelschienenspannungen (siehe Abbildung 7, RONT 1: Punkt 3 –> 4 und RONT 2: Punkt 2 –> 4).
Ist die niederspannungsseitige Impedanz zwischen den Transformatoren so groß, dass bei einer Stufe Unterschied im Übersetzungsverhältnis der Kreisstrom mindestens einen Spannungsfall größer als 2 * ΔU_Mess verursacht, kann sogar sichergestellt werden, dass die RONT nur maximal eine Stufe in ihren Schalterstellungen auseinander laufen. Abbildung 8 zeigt die Simulationsergebnisse bei einer genügend hohen Impedanz, um die maximale Stufendifferenz auf eins zu begrenzen trotz einer angenommenen maximalen Messabweichung und einer Schwankung der Mittelspannung von ±12 %.
Die Bedingung zur Einhaltung der maximalen Spannungsdifferenz von einer Stufe, um hier die Stufendifferenz auf maximal eins zu begrenzen, lautet im Leerlauf (d. h. ohne die Belastung der Transformatoren):
(3.1)
Die Impedanz der niederspannungsseitigen Verbindungsimpedanz muss also so groß sein, dass der Kreisstrom an ihr mindestens einen Spannungsfall in Höhe der doppelten Messabweichung der Regeleinheiten verursacht. Ist der Spannungsfall kleiner als die geforderte doppelte Messabweichung, treten in Abhängigkeit der Höhe dieses Spannungsfalls Stufendifferenzen größer eins auf.
Die hier angestellten Untersuchungen zeigen, dass die Verbindungsimpedanz zwischen den Transformatoren zum einen die Höhe des Kreisstroms direkt beeinflusst und zum anderen die maximale Stufendifferenz und damit wiederum indirekt die Höhe des maximalen auftretenden Kreisstroms bestimmt. Um die Mehrbelastung der parallelen Transformatoren durch Kreisströme gering zu halten, muss demnach eine möglichst große Impedanz niederspannungsseitig zwischen den Transformatoren vorhanden sein.
Einfluss der Lastströme
Im vorhergehenden Abschnitt wurde die Bedingung, um die Stufendifferenz auf eins zu begrenzen, für den Leerlauf beschrieben. Der Strom und damit der Spannungsfall über die niederspannungsseitige Verbindungsimpedanz werden jedoch im Lastfall nicht nur durch den Kreisstrom, sondern auch durch den Laststrom bestimmt. Der Strom über die Verbindungsleitung setzt sich aus dem Kreisstrom und einem Laststromanteil zusammen. Im Lastfall muss dafür gelten:
(3.2)
Löscht, wie in Gleichung 3.2 zu erkennen ist, der Strom auf der Niederspannungsleitung den Kreisstrom aus, dann kann die Bedingung nicht mehr erfüllt werden und es treten Schalterdifferenzen von mehr als einer Stufe an den parallelen RONT auf. Das Vorzeichen und die Höhe des Stroms auf der Niederspannungsleitung wird durch die Lastströme, und bestimmt (vgl. Gleichung 2.5).
Um die Stufendifferenz möglichst gering zu halten und damit die Überlastung der Transformatoren durch Kreisströme zu verhindern, müssten demnach die Lastströme in bestimmten Grenzen gehalten werden.
Einfluss der Mittelspannungsleitung
Die Impedanz der Verbindungsleitung auf der Mittelspannungsseite der parallelen Transformatoren hat den gleichen, direkt begrenzenden Einfluss auf die Höhe der Kreisströme, wie die Niederspannungsleitung. Sie hat jedoch keinen Einfluss auf die Begrenzung der maximalen Stufendifferenz. Zusätzlich verursacht der Lastfluss auf der Mittelspannungsleitung einen Spannungsfall. Resultat dieses Spannungsfalls sind unterschiedliche Eingangsspannungen und damit auch unterschiedliche Ausgangsspannungen der RONT. Dies kann unterschiedliche Laststufenschalterstellungen an den RONT und damit zusätzliche Belastungen durch Kreisströme verursachen. Entscheidend dafür sind die Länge der Leitung, also der Abstand der parallelen Transformatoren zueinander und der Lastfluss auf der Leitung. Der Lastfluss auf der Leitung wird durch die Position der Parallelschaltung im Mittelspannungsstrang bestimmt. Befinden sich die parallelen Transformatoren am Anfang des MS-Strangs, ist der Transitstrom über die Verbindungsleitung groß. Befindet sie sich am Ende des Strangs, sind der Transitstrom und damit der Spannungsfall auf der Leitung geringer.
Bewertung des Regelverhaltens
Beim Parallelbetrieb von RONT ohne zusätzliches Parallelregelverfahren für den Gleichlauf der Laststufenschalter kann keine dynamische Instabilität im Regelverhalten festgestellt werden. Jeder Systemzustand ist für sich stabil und führt nicht selbst zum Übergang in einen neuen Systemzustand. Das heißt die parallelen RONT können unterschiedliche Stellungen der Laststufenschalter aufweisen, ohne dass dadurch weitere Schalthandlungen angeregt werden.
Die aus den beiden parallelen Teilregelsystemen (RONT) bestehende Regeleinheit kann aber nur als quasi-stabil bezeichnet werden, da aufgrund der Mittelspannungsschwankung, kombiniert mit der Messabweichung der Spannungsmessungen, im Laufe des Regelbetriebs die Laststufenschalter in ihren Schalterstellungen auseinander laufen, sich aber wieder annähern. Auch fahren sie sich nie in einem Systemzustand fest. Die Erfüllung der Regelaufgabe ist jedoch nur eingeschränkt möglich, da die Regelbandbreite dauerhaft um die auftretende Messabweichung der Spannungsmessung unter- bzw. überschritten werden kann. Dies könnte netzplanerisch abgefangen werden, in dem man im Spannungsband eine Reserve in der Höhe des Messfehlers berücksichtigt.
Die RONT werden durch die Kreisströme, die beim Auseinanderlaufen der Schalterstellungen auftreten, stark ungleichmäßig belastet, bis überlastet. Dadurch wird die maximale Übertragungsleistung verringert. Der entscheidende Einflussfaktor auf diese Zusatzbelastungen und auf das Regelverhalten ist die Höhe der niederspannungsseitigen Verbindungsleitung. Ist diese hoch genug, kann der Kreisstrom und damit die Zusatzbelastungen begrenzt werden.
Folglich kann die Spannungsregelung im Parallelbetrieb von RONT auch ohne zusätzliches Regelverfahren gewährleistet werden. Dazu müsste jedoch eine netzplanerische Reserve im Spannungsband reserviert werden. Der Parallelbetrieb zeigt kein instabiles Regelverhalten. Jedoch müssen die Kreisströme und Lastströme begrenzt werden, um die Überlastung der Transformatoren zu verhindern.
Alternative zur konventionellen Parallelregelung
Die Analyse des Regelverhaltens im vorhergehenden Kapitel hat gezeigt, dass die Spannungshaltung durch RONT auch im Parallelbetrieb ohne zusätzliches Parallelregel-Verfahren möglich ist. Jedoch treten dabei Kreisströme auf, die zur Überlastung der Transformatoren führen können. Um nun die Transformatoren auch alternativ ohne zusätzliches Parallelregelverfahren parallel betreiben zu können, müssen diejenigen Betriebspunkte und Netztopologien gefunden werden, bei denen die Belastungsgrenzen eingehalten werden können. Im Detail muss dazu einerseits der notwendige Abstand zwischen den parallelen Transformatoren bestimmt werden, um den Kreisstrom durch die Impedanz der Verbindungsleitungen zu begrenzen und andererseits muss die Höhe der zulässigen Lastströme ermittelt werden, um die Gesamtbelastung des Transformators innerhalb der Belastungsgrenzen zu halten.
Simulationsansatz
Anhand eines Simulationsmodells werden die maximalen Auslastungen der Transformatoren unter dem Einfluss der Lastströme, der Mittelspannungsschwankung und der Messabweichung für verschiedene Abstände bzw. Impedanzen zwischen den parallelen Transformatoren ermittelt. Abbildung 9 zeigt eine grafische Darstellung des verwendeten Simulationsmodells.
Im ersten Schritt der Simulation werden die Modellparameter Last MS, Last 1, Last 2, die Leitungslängen für MS- und NS-Leitung und die Art des Messfehlers eingestellt. Anschließend wird für die eingestellte Lastsituation und Topologie eine Zeitreihen-Simulation der Mittelspannungsschwankung durchgeführt (vgl. Simulation der Mittelspannungsschwankung in Abbildung 5). Ziel dieser Simulation ist es, unterschiedliche Schalterstellungen an den parallelen RONT zu provozieren und dadurch die maximal möglichen Belastungen der Transformatoren durch die Kreis- und Lastströme in dem eingestellten Betriebspunkt zu ermitteln. Anschließend wird das Modell neu parametriert und erneut eine Simulation durchgeführt, bis alle Kombinationen aus Lastsituation und Modelltopologie simuliert sind.
Die Bandbreiten und Schrittweiten der untersuchten Modellparameter wurden wie folgt gewählt:
- Mittelspannungsleitung: 0…2 km NA2X 150 in diskreten Schritten zu 1 km
- Niederspannungsleitung: 0…1 km NAYY 4×150 in diskreten Schritten zu 25 m
- Last 1 und Last 2: -100…100 % von SN Tr in diskreten Schritten zu 10 %
- Last MS: 0…70 % von SN Ltg in den Punkten 0, 50, 70 %
- Schwankung der Mittelspannung: ±10 % ,±5 % von U_N
- systematischer Messfehler: 0.01 p.u.
- stochastischer Messfehler: 0.01 p.u.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Simulationen sind die maximalen Auslastungswerte der Transformatoren in Abhängigkeit der Abnahme- und Einspeiseleistungen an den Transformatorabgängen. Diese maximalen Auslastungswerte werden durch die maximale Stufendifferenz bzw. maximal auftretenden Kreisströme hervorgerufen und durch die Mittelspannungsschwankung, kombiniert mit dem Messfehler der Regler und den Last- und Einspeiseströmen, bestimmt.
Die Auslastungswerte werden in den folgenden Ergebnisdiagrammen durch Farben dargestellt (vgl. Abbildung 10). Diese sind durch den Farbbalken zur Rechten der Grafik definiert. Die Y-Achse repräsentiert die Leistungswerte der Last 1, die X-Achse die Leistungswerte der Last 2. Mithilfe dieser Darstellung kann die maximal mögliche Auslastung für jeden Betriebspunkt, bestimmt durch die Kombination aus Abnahme- und Einspeiseleistungen an den beiden Transformatorabgängen, ermittelt werden.
Abbildung 10 zeigt beispielhaft zwei Auslastungsdiagramme einer Parallelschaltung am Ende eines Mittelspannungsstrangs, bei 400 m Niederspannungsleitung und 0 m Mittelspannungsleitung zwischen den RONT und ±10 % Mittelspannungsschwankung. Die unsymmetrische Verschiebung der Auslastungen vom Nullpunkt im linken Bild ist auf die unterstellte systematische Messabweichung der Spannungsregler zurückzuführen. Da hier angenommen wird, dass am RONT 1 die Spannung systematisch niedriger als am RONT 2 gemessen wird, ist damit auch die Richtung des Kreisstroms festgelegt, der immer vom Transformator niedrigerer Schalterstellung zum Transformator höherer Schalterstellung fließt. Überlagerungseffekte des Kreisstroms mit den Lastströmen führen zu der in Abbildung 10 (links) dargestellter Verschiebung vom Nullpunkt.
Im rechten Bild sind die Auslastungen bei einer stochastischen Messabweichung der Regler dargestellt. Da in diesem Fall nicht bestimmt werden kann, welcher RONT zu niedrig und welcher RONT zu hoch misst, ist auch die Richtung des Kreisstroms nicht festgelegt. Die Überlagerungseffekte von Kreisstrom und Lastströmen führen in diesem Fall zu dem dargestellten symmetrischen Auslastungsdiagramm.
Aus den Auslastungsdiagrammen können die Betriebspunkte (Kombinationen aus Last1 und Last 2) abgelesen werden, bei denen die Auslastung der Transformatoren z. B. unter 100 % gehalten werden kann. In Abbildung 10 sind dies alle nicht roten Bereiche. Damit kann auch bestimmt werden, in welcher Höhe die Lastströme begrenzt werden müssen, damit diese zusammen mit den auftretenden Kreisströmen die Transformatoren nicht überlasten. Die Grenze für die Lastströme, um die Gesamtbelastung unter 100 % zu halten, stellt die Grenzlinie zwischen rotem und orangenem Bereich in Abbildung 10 dar. Aufgrund des symmetrischen Auslastungsverhaltens bei einer stochastischen Messabweichung der Regler sind die Grenzen für Last 1 und Last 2 identisch. Somit lassen sich die Grenzen für verschiedene Leitungslängen zwischen den Transformatoren bei einer stochastischen Messabweichung der Regler in einer Grafik zusammenfassen.
Abbildung 11 zeigt die Zusammenfassung der Auslastungsgrenzen. Darin sind die Minimal-, Maximal- und Mittelwerte der notwendigen Lastrombegrenzung in Abhängigkeit der unterspannungsseitigen Impedanz zwischen den Transformatoren dargestellt. Diese müssen für die jeweilige Netztopologie eingehalten werden, um die Belastung der Transformatoren z. B. unter 70 %, 100 % oder 130 % zu halten.
Aus Abbildung 11 geht hervor, dass bei geringen Leitungslängen bzw. Impedanzen zwischen den Transformatoren, die maximale Last und Rückspeisung am Transformator stark begrenzt werden muss, um die Belastungsgrenzen der Transformatoren einzuhalten. Mit steigender Leitungslänge steigen jedoch auch die Untergrenzen für die maximalen Lasten und Rückspeisungen. Ab ca. 400 m Leitungslänge dürfen diese nur rund 70 % der Transformatornennleistung betragen, um die Belastung unter 100 % zu halten.
Befindet sich keine Impedanz zwischen den Transformatoren, sind die Grenzen für die Last- oder Einspeiseströme nicht definiert, da die Transformatoren hier bereits im Leerlauf durch die Kreisströme überlastet werden. Dieser Fall gilt für den Sammelschienen-Parallelbetrieb, bei dem sich aufgrund der direkten Verbindung über Sammelschienen nur eine sehr geringe Impedanz zwischen den Transformatoren befindet.
Grundsätzlich können aus diesen Diagrammen die Grenzen für die maximale Bezugslast und die maximale Rückspeisung an den Transformatoren bei gegebener Netztopologie entnommen werden, wenn bestimmte Belastungsgrenzen eingehalten werden sollen. Für eine genauere Analyse der Auslastungsverhältnisse kann auf die detaillierteren Auslastungsdiagramme (siehe Abbildung 10) zurückgegriffen werden.
Analyse der Einflussparameter
Aus der Analyse aller Auslastungsdiagramme geht hervor, dass die Länge der Mittelspannungsleitung, sowie der Lastfluss auf dieser, nur einen sehr geringen Einfluss auf die notwendigen Begrenzungen der Lasten und Rückspeisungen haben. Dies ist auf die nur sehr geringen Spannungsfälle aufgrund der Spannungshöhe auf der Mittelspannungsseite zurückzuführen.
Die Höhe der maximalen Mittelspannungsschwankung hat einen Einfluss auf die Grenzen der Lasten und Rückspeisungen. Diese bewegt sich jedoch nur im Prozentbereich und spielt daher eine untergeordnete Rolle. Es ist aber festzustellen, dass je niedriger die Spannungsschwankung ist, desto weniger müssen die Lastströme und Rückspeiseströme begrenzt werden.
Die zwei entscheiden Faktoren sind die Impedanz der niederspannungsseitigen Verbindungsleitung und der Messfehler der parallelen Spannungsregler. Je höher die Impedanz der Leitung, desto kleiner sind die Kreisströme und desto kleiner fällt auch die Begrenzung der Lastströme aus. Der Messfehler hat direkten Einfluss auf die maximal auftretenden Stufendifferenzen und somit auf die maximale Höhe des Kreisstroms. Eine exaktere Messung und damit kleinere Kreisströme würden demnach auch die notwendigen Grenzen für die Lasten und Rückspeisungen nach oben verschieben.
Zusammenfassung
Für den Parallelbetrieb von Regeltransformatoren werden gemeinhin Kommunikationsverbindungen oder spezielle Parallelregelverfahren eingesetzt, um ein stabiles Regelverhalten zu gewährleisten und die Überlastung der Transformatoren durch Kreisströme zu verhindern.
Die Untersuchungen des Parallelbetriebs von RONT ohne die Verwendung von Kommunikationsverbindungen oder Parallelregelverfahren hat gezeigt, dass auch ohne diese Maßnahmen eine stabile Spannungsregelung erreicht wird. Jedoch muss dabei eine Reserve in der Höhe des Messfehlers der Spannungsregler im Spannungsband reserviert werden.
Trotz stabiler Spannungsregelung treten Kreisströme zwischen den Transformatoren auf. Um dabei eine Überlastung der Transformatoren zu verhindern, muss einerseits eine bestimmte unterspannungsseitige Impedanz zwischen den Transformatoren vorhanden sein, anderseits müssen bestimmte Grenzen der Lasten und Rückspeisungen eingehalten werden.
Im Sammelschienen-Parallelbetrieb kann die notwendige Impedanz beispielsweise künstlich zwischen den Transformatoren eingebracht werden. Jedoch müsste diese sehr hoch ausfallen und die Lasten und Rückspeisungen müssten sehr stark begrenzt werden. Deshalb wird im Sammelschienen-Parallelbetrieb eine Kommunikationsverbindung der Regeleinheiten immer die günstigste Alternative bleiben.
Im Netz-Parallelbetrieb ist die unterspannungsseitige Impedanz zwischen den Transformatoren durch die Verbindungsleitung gegeben. In Abhängigkeit dieser können die notwendigen Grenzen für die Lasten und Rückspeisungen aus den im Rahmen dieser Arbeit erstellten Auslastungsdiagrammen bestimmt werden.