Verbraucher
Das zulässige Blindleistungsverhalten von Verbrauchern ist über verschiedene Richtlinien und Verordnungen geregelt. Im Niederspannungsnetz legt die [NAV] den zulässigen Verschiebungsfaktor am Anschlusspunkt von Kundenanlagen zwischen 0,90 induktiv und 0,90 kapazitiv fest. Gleichzeitig erlaubt sie dem Netzbetreiber, abweichende Grenzwerte über Technische Anschlussbedingungen (TAB) zu fordern, um einen sicheren und störungsfreien Betrieb zu gewährleisten (§ 20 NAV). So werden in Deutschland je nach Netzbetreiber i. d. R. maximal zulässige Verschiebungsfaktoren von 0,90 induktiv bis 0,95 induktiv vorgegeben.
Durch kundenseitig installierte Kompensationsanlagen wird ein Großteil der benötigten Blindleistung am Ort der Entstehung kompensiert und so das Stromnetz entlastet. Neben der Kompensation der Verschiebungsblindleistung besteht bei verdrosselten Anlagen oder aktiven Filtern zudem die Möglichkeit, die Oberschwingungsbelastung im Netz zu reduzieren (Verzerrungsblindleistung).
Typischerweise beziehen Betriebe induktive Blindleistung, welche den durch den Wirkleistungstransport verursachten Spannungsfall zusätzlich verstärken. Abbildung 12 zeigt ein vereinfachtes Netzmodell mit einem über eine Mittelspannungsleitung am Umspannwerk angeschlossenen Betrieb in der MS-Ebene und den Verlauf des Spannungsfalls bei reinem Wirkleistungsbezug und bei zusätzlichem Blindleistungsbezug .
Ableitend aus dieser Betrachtung wird ersichtlich, dass der Spannungsfall reduziert werden kann, indem der Betrieb/die Last ihren induktiven Blindleistungsbedarf höher kompensiert, z. B. bis auf 1,00 induktiv statt 0,90 induktiv, (Abbildung 13) oder gar überkompensiert, d. h. auf beispielsweise 0,45 kapazitiv, so dass sich die Last dann ohmsch-kapazitiv verhält (Abbildung 14).
Bestimmen nur wenige Betriebe oder gar nur ein einzelner Betrieb den für die Netzplanung auslegungsrelevanten Spannungsfall, so stellt die Steigerung des Kompensationsgrades an diesen Betrieben eine kostengünstige Möglichkeit dar, Reserven im Spannungsband zu erschließen (siehe Abbildung 15). Zusätzliche EZA können dann angeschlossen werden, wenn infolge des entstehenden Spannungsbandgewinnes der Sollwert am UW entsprechend abgesenkt wird. Um die zusätzliche Kompensationsleistung aufzubringen, bieten Betriebe oftmals zudem den Vorteil, dass
- bestehende Kompensationsanlagen vorhanden sind und erweitert werden können, wobei eine Erweiterung oftmals aufgrund fehlender baulicher Maßnahmen kostengünstig möglich ist und
- überschüssige/ungenutzte Kompensationskapazitäten vorhanden sind, da durch den Einsatz von drehzahlgeregelten Antrieben oder Verwendung anderer Produktionstechnologien der Blindleistungsbedarf rückläufig ist.
Die hier aufgeführten Zusammenhänge, die am Beispiel von Lasten/Verbrauchern in der MS-Ebene hergeleitet sind, können analog auf die NS-Ebene übertragen werden.